Das war eine geniale Idee. Mit aller Energie umgesetzt. Die beste Software, die wir je entwickelt haben. Perfekt.
Nur noch schnell die wichtigsten Features in ein Datenblatt gepackt, auf die Homepage gestellt und über die PR-Kanäle publiziert. Fertig. Die Welt weiß jetzt um unsere tolle Lösung. Der Kunde kann kommen. Diesmal haben wir den großen Wurf gelandet. Die Software wird sich wie geschnitten Brot verkaufen. Super.
Und was passiert? Nichts. Gar nichts.
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Wir haben eine geniale Lösung entwickelt – aber keinen interessiert’s.
Wir waren uns so sicher – oder doch nur gefährliche Annahmen?
- Wir sind von unserem Produkt überzeugt: Die Kunden werden kaufen.
- Technisch sind wir dem Wettbewerb überlegen: Der Kunde muss kaufen.
- Das Produkt ist einfach großartig: Der Kunde teilt bestimmt unsere Einschätzung.
- Der Kunde kauft bei uns, statt wie bisher von seinem aktuellen Lieferanten: Der Kunde geht keinerlei Risiko ein.
Nochmal zurück auf Anfang: Was war eigentlich das Problem, für das Ihre Lösung die Antwort sein soll?
Wer ist mein Kunde und worauf legt er Wert?
Kundenorientierung: Im Geschäftsleben geht es doch darum, einem Kunden Nutzen zu bieten, oder? Wie auch immer der Nutzen im konkreten Fall aussehen mag: mehr Umsatz, weniger Kosten, Sicherheit, Bequemlichkeit, Verfügbarkeit usw. Sie müssen es herausfinden. Wo empfindet der Kunde sein aktuell dringendstes Problem, seinen “Kittel-Brenn-Faktor”. Und was ist die Ursache des Problems? Was sind die langfristigen Ziele und Werte des Kunden und wie kann Ihre Lösung zur Verwirklichung beitragen? Denn: “Den Kunden ist Ihre Lösung egal, der Kunde interessiert sich nur für die Lösung seiner Probleme” (Dave McClure).
In seinem Buch “Das Neue und seine Feinde” (Provisions-Link) listet Gunter Dueck die Basisanforderungen einer Innovation:
- Das Neue muss insgesamt vorteilhaft sein – schöner, billiger, nützlicher usw.
- Es muss kompatibel sein, sich also ins Bisherige einfügen können.
- Es soll einfach sein – zu bedienen, zu verstehen, zu reinigen, zu nutzen usw.
- Es muss leicht auszuprobieren sein.
- Der Erfolg des Neuen sollte sichtbar sein (dann verbreitet sich eine Innovation schneller).
“Es ist nicht der Erste, der am Markt gewinnt, sondern der Erste, der aus Kundensicht etwas wirklich Gutes und Einfaches anbieten kann” (Gunter Dueck).
Wie löst der potenzielle Kunde sein Problem im Moment?
Wann haben Sie die Einstellung potenzieller Kunden zu Ihrer Lösung das letzte Mal aus erster Hand erfahren? Wann haben Sie das letzte Mal mit einem Kunden gesprochen, Sie persönlich als Unternehmer? “Ehe Sie die »richtige« Lösung präsentieren, müssen Sie das Kundenproblem »richtig« verstehen” (Ash Maurya). Das Lernen von Ihren Kunden dürfen Sie als Unternehmer niemals ganz an Mitarbeiter delegieren oder gar outsourcen.
Die Lösung von Kundenproblemen ist die Voraussetzung für die Existenz Ihres Unternehmens!
“Denken Sie Ihr Unternehmen vom Kunden her und tun Sie alles, um seine Bedürfnisse zu befriedigen” (Reinhard K. Sprenger). Sie müssen lernen zu denken, zu fühlen und zu handeln wie Ihre Kunden. Das bedeutet permanentes Beobachten der Kunden und der Märkte.
Diese Fragen bringen Sie jetzt konkret weiter:
- Hat der Kunde / die Zielgruppe überhaupt ein Problem damit?
- Wie löst er das Problem aktuell?
- Welches Produkt gebraucht er heute beispielsweise und warum?
- Welche ungelösten Probleme stellen sich dem Kunden oder Benutzer bei der aktuellen Lösung?
- Gibt es Möglichkeiten für eine neue Lösung oder eine neue Art, die Dinge zu erledigen?
- Nach welchen speziellen Eigenschaften und Leistungsmerkmalen sucht der Kunde bei einem neuen Produkt?
- Wie harmoniert es mit anderen Komponenten des Systems?
- Ist der Nutzen der neuen Lösung um so viel größer, dass der Kunden bereit ist einen Preis dafür zu bezahlen, oder sich überhaupt mit der Lösung zu beschäftigen?
- Welches sind die Auswahlkriterien des Kunden – die Kriterien, die der Kunde ansetzt, um eine Kaufentscheidung zu treffen?
- Wie hoch ist die relative Wichtigkeit oder die Gewichtung jedes Entscheidungskriteriums?
Erliegen Sie nicht der Gefahr, dass Sie nur auf Grundlage Ihrer Meinungen und Vorlieben ein Produkt entwickeln. Konkret nach dem Besonderen der Lösung gefragt, hört man oft: “Das sagt mir mein gesunder Menschenverstand” oder schlimmer noch, “das denke ich mir halt so”. In Wahrheit sind dies reine Vermutungen, Spekulationen oder lediglich fromme Wünsche. Hinzu kommt, was der Psychologe »selektive Wahrnehmung« nennt: Informationen, die die eigenen Glaubenssätze verstärken werden hoch bewertet, gegenteilige systematisch ausgeblendet. Klar, kann man mit etwas Übung für alles vermeintlich »rationelle« Begründungen finden. Einer genaueren Überprüfung halten diese aber in der Regel nicht stand. Mit professionellen Unternehmertum hat das nichts zu tun.
Erkenntnisgewinn – schnell, fokussiert und konkret, das ist die Herausforderung
Am Anfang war der Plan, dann stieß der Plan auf die Realität. Meist hält der Plan den ersten Faktencheck nicht stand. Umso wichtiger ist ein strategisches und strukturiertes Vorgehen, um das Geschäftskonzept immer und immer wieder zu optimieren, bis ein perfekter Produkt-Markt-Fit entsteht.
Wenn Sie mit Ihrer Lösung Neuland betreten, beginnen Sie mit Ihren Hypothesen, durchaus. Gehen Sie dann aber unverzüglich zu Ihren Kunden und suchen Sie systematisch nach den richtigen Antworten. Es ist nicht entscheidend, dass Sie von Anfang an einen perfekten Plan haben. Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in kürzester Zeit einen funktionierenden Plan entwickeln. Und das bevor ihnen die finanziellen Mittel zur Umsetzung ausgehen. In “Running Lean – Das How-to für erfolgreiche Innovationen” (Provisions-Link) zeigt Ash Maurya zum Beispiel, wie dieser Erkenntnisgewinn systematisch erarbeitet werden kann. Er schlägt darin vor, »wissenschaftlich« vorzugehen.
Der pragmatische Ansatz lautet:
- Stellen Sie eine erste Hypothese auf.
- Gestalten Sie ein »Experiment« mit dem Sie Ihre Hypothese auf Richtigkeit überprüfen können. Eine Versuchsanordnung ist dann aussagekräftig, wenn Sie das Experiment wiederholen können und zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen kommen.
- Führen Sie frühzeitig, direkt und somit auch sehr kostengünstig, den Faktencheck mit potenziellen Kunden durch. Erkennen Sie die Schwachstellen Ihres Geschäftsmodells.
- Lernen Sie aus den Ergebnissen und verbessern Sie Ihre Lösung in Richtung optimaler »Produkt-Markt-Fit«.
- Tauchen Sie ein in die Gedankenwelt Ihrer Kunden, verstehen Sie deren Weltsicht. Nur Relevanz erzeugt Resonanz.
- Das Ziel ist, ein »Must-have« Ihrer Lösung herauszuarbeiten – das Alleinstellungsmerkmal.
- Hinterfragen Sie, ob das Alleinstellungsmerkmal ausreicht, um relativ zum Wettbewerb besser bewertet zu werden. Ist der Vorteil für den Kunden deutlich sichtbar – 10 mal besser als alles Vorhandene wäre gut – und kann er glaubhaft kommuniziert werden?
- Sprechen Sie zusätzlich die Werte und Emotionen der Kunden an.
- Ermitteln Sie die Kanäle auf denen Ihre Wunschkunden zu erreichen sind und sprechen Sie sie gezielt an.
Dabei ist das Marketing von Anfang an integraler Bestandteil des Innovationsprozesses. Marketing richtig verstanden: den Markt beobachten, befragen, zuhören und informieren – nicht nur egozentrische Werbung produzieren (wir sind die Größten, Besten, das führende Unternehmen etc.)
So wie das Marketing, läuft auch das Kosten- und Erlösmodell parallel zur Verfeinerung des Geschäftskonzeptes mit. Was sind die Kosten für Entwicklung, Marketing, Vertrieb und Services? Welche Erlösmodelle sind denkbar – direkte, indirekte Einnahmen? Sind ausreichend Margen realisierbar usw.? Finden Sie die richtigen Kennzahlen, die entscheidend für Ihr Geschäftsmodell sind und die die Skalierbarkeit aufzeigen (KPI = Key Performance Indicators).
Der Wert hängt sicherlich auch vom Bedarf und vom Nutzen ab. Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Im Grunde ist niemand wirklich an Produkten interessiert. Die Menschen kaufen Emotionen. Stefan Merath hat es in “Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer” (Provisions-Link) auf den Punkt gebracht: “Die meisten Kunden haben diese eher rational-technische Sichtweise nicht, weil es nicht ihren Bedürfnissen entspricht. Der Kunde will vielleicht Leistung, vielleicht Macht, vielleicht Sicherheit, vielleicht Abwechslung. Um es vor sich selbst zu rechtfertigen, erzählt er Ihnen jedoch etwas von Umsätzen oder Einsparungen. Aber das ist die nachträgliche Rationalisierung, die nachträgliche Begründung vor sich selbst.”
Konsequenz: Was leistet Ihr Produkt für den Kunden auf der Motivebene? Die Psychologie und in neuerer Zeit auch die Neurobiologie haben schon lange festgestellt, dass eine Kaufentscheidung ein sehr komplexer und in weiten Phasen auch unterbewusster Vorgang des Käufers ist. Sie müssen Ihrem Kunden eben nicht nur Nutzen bieten; Sie müssen ihm eine Befriedigung bestimmter Emotionen versprechen; Sie müssen Sinn, Bedeutung und Werte erzeugen. Das Ziel ist ein Produkt, das für den Kunden von echtem Wert ist: Ein hervorragendes Wertkonzept! “Der Wert existiert nur in den Köpfen der Kunden. Wir müssen daher den Kunden untersuchen, um zu bestimmen: Was ist Wert – Was ist Nutzen – Was ist ein besseres Produkt?” (Robert G. Cooper).
Angenehmer Nebeneffekt – klare Unternehmensführung
Wir erinnern uns: die Lösung von Kundenproblemen ist die Existenzberechtigung Ihres Unternehmens! Angenehmer »Nebeneffekt«: je näher Sie am Kunden agieren, seine Probleme lösen, ein faires, marktgerechtes Angebot anbieten und ein zuverlässiger, zukunftsorientierter Partner sind, umso klarer ist Ihre Strategie und Unternehmensführung. Sie ergibt sich quasi automatisch. “Wer Kunden hat, hat auch Probleme. Die Probleme der Kunden. Das ist dann das Geheimnis langfristigen Erfolges: Die Kunden-Probleme sich zu eigen zu machen, wirklich immer wieder neu zu eigen zu machen – und immer vom Problem, niemals von der Lösung her zu denken” (Reinhard K. Sprenger).
“Was erfolgreiche von gescheiterten Startups unterscheidet, ist also nicht unbedingt, dass erfolgreiche Unternehmen am Anfang über die bessere Übersicht (oder einen besseren Plan A) verfügen, sondern dass sie einen funktionierenden Plan entwickeln, bevor ihnen die Mittel zu seiner Verwirklichung ausgehen.” – fasst Ash Maurya die Herausforderung in “Running Lean” (Provisions-Link) zusammen. Denn: “Das Leben ist zu kurz, um etwas herzustellen, das keinen interessiert.”
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