
Der Markt ändert sich, das Geschäftsmodell muss angepasst werden. Oder der Unternehmer erkennt eine neue Chance, welche ein neues Geschäftsmodell erfordert. Bei Softwareunternehmen schon ein Klassiker: Aus einem einmalig für einen Kunden entwickeltes Projekt, soll ein vielfach verkaufbares Produkt entstehen. Zwei vollkommen unterschiedliche Geschäftsmodelle.
Immer wieder ist zu beobachten, dass die Änderung des Geschäftsmodells nicht gelingt. Warum ist das so? Die These ist, dass die Persönlichkeitsstruktur des Unternehmers die realisierbaren Geschäftsmodelle limitiert. Doch der Reihe nach.
Das Geschäftsmodell hat ein bestimmtes Ziel, es soll einen Nutzen für Kunden bieten. Um diesen Nutzen zu realisieren, sind bestimmte Organisationsstrukturen (Aufbau- und Ablauforganisation) erforderlich. Das Geschäftsmodell bestimmt somit die notwendigen Organisationsstrukturen.
Organisationstypen und Mitarbeiterstrukturen
Unterschiedliche Organisationsstrukturen erfordern wiederum bestimmte Mitarbeiterstrukturen. Das heißt, je nach Organisationstyp benötige ich andere Mitarbeiter mit entsprechenden Qualifikationen, Kompetenzen aber auch Charaktereigenschaften.
Für ein Buchhaltungsbüro, zum Beispiel, benötige ich sicherlich Menschen die besonders verlässlich, diszipliniert und präzise sind. Für eine Werbeagentur eher spontane, kreative, extravagante etc. (siehe auch die Limbic Map von Dr. Hans-Georg Häusel (Provisions-Link) zu Werten und Orientierungen von Menschen).
Oder derzeit besonders aktuell: Alle Unternehmen sollen “agil” werden. Mit der dafür erforderlichen Risikobereitschaft, Ergebnisoffenheit, Unsicherheit sowie Flexibilität kommt aber zum Beispiel der “Balanceorientierte Menschentyp”, der Sicherheit, Ordnung, klare Strukturen und Beständigkeit sucht, überhaupt nicht zurecht.
Persönlichkeitsstruktur
Der Unternehmer wiederum sucht sich, bewusst oder unbewusst, Mitarbeiter mit denen er gerne zusammenarbeitet. Ist ja verständlich, wenn er mit diesen Menschen einen Großteil seiner Zeit verbringt. Das heißt aber auch, er sucht sich Menschen ähnlichen Charaktertyps, die auf seiner Wellenlänge schwimmen, mit denen er spontan gut zurecht kommt. Das sind Mitarbeiter, die am besten zu seiner eigenen Persönlichkeitsstruktur passen.
Ich denke, das Dilemma ist bereits erkennbar:
- Die Persönlichkeitsstruktur des Unternehmers limitiert die Mitarbeiterstruktur,
- die Mitarbeiterstruktur limitiert die möglichen Organisationsstrukturen und
- die Organisationsstruktur limitiert die realisierbaren Geschäftsmodelle.
In der Praxis werden dann, zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, durchaus Mitarbeiter unterschiedlichen Typs eingestellt. Die Erkenntnis ist schon da, dass man für die angestrebten Ziele andere Charaktere braucht. Doch früher oder später werden diese Mitarbeiter scheinbar auffällig. Die Symptome sind unterschiedlich: sehr kritisch, zynisch, rebellisch oder auch, sie kündigen einfach wieder, ohne auffällig zu werden. Der Grund wird dann sehr schnell in der Person gesucht. Und man glaubt, wenn die Person weg ist, ist auch das Problem gelöst. Doch das ist ein Trugschluss.
Denn das Problem liegt in der mangelnden Passung von vorhandener Organisationsstruktur, basierend auf der Persönlichkeitsstruktur des Unternehmers, und der Persönlichkeitsstruktur des Mitarbeiters. Die unterschiedlichen Strukturen erzeugen Spannungen, die sich nur oberflächlich in den Symptomen entladen. Die Ursache in der Tiefe ist aber die mangelnde Passung.
Der Unternehmer muss zuerst sich selbst weiterentwickeln
Im Ergebnis limitiert letztendlich die Persönlichkeitsstruktur des Unternehmers die umsetzbaren Geschäftsmodelle. Es verwundert daher auch nicht, dass viele Autoren, die selbst erfahrene Unternehmer sind, fordern: “Wenn du entscheidende Dinge in deinem Unternehmen ändern willst, musst du zu allererst an dir selbst arbeiten, an der Weiterentwicklung deiner eigenen Persönlichkeit. Daran führt kein Weg vorbei. Es bringt nichts, zu glauben: Alle Anderen müssen sich ändern, aber ich kann so bleiben wie ich bin. Das wird nicht funktionieren.”
Der Unternehmer kann natürlich bei seinen Strukturen und seinem Geschäftsmodell bleiben. Solange er am Markt damit erfolgreich ist, ist das völlig in Ordnung. Ist ja sein Unternehmen. Problematisch wird es erst, wenn er selbst oder der Markt andere Geschäftsmodelle fordern. Entwickelt er dann seine Persönlichkeit nicht weiter, beginnt für alle im Unternehmen eine lange “Leidenszeit”. Denn er wird immer wieder an die strukturellen Grenzen stoßen. Nebenbei ist dadurch meist auch die Größe des Unternehmens limitiert. Andere Größen, erfordern andere Strukturen, erfordern andere Mitarbeiter etc.
Wenn er diese “Leidenszeit” beenden will, muss er zwingend zuerst an seiner eigenen Persönlichkeit arbeiten. Im Bezug auf den zentralen Erfolgsfaktor “Mitarbeiter”, muss er in der Lage sein, unterschiedliche Charaktere und Orientierungen für sich zu gewinnen, zu integrieren und auch langfristig zu binden. Das ist nicht einfach, da diese Charaktere zum Teil komplett andere Werte und Bedürfnisse haben, die einem emotional täglich widersprechen. Doch es hilft nichts: Eine Weiterentwicklung ist nur möglich, wenn eine gemeinsame Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gefunden wird.