Donnerstag , 23 März 2023


Systeme mit Momentum.

Warum 95 % der Softwareunternehmen an einer „magischen Grenze“ stagnieren

Untersuchungen der letzten Jahrzehnte zeigen regelmäßig: Rund 95 Prozent aller Softwareunternehmen stagnieren auch nach Jahren noch unterhalb der 30 Mitarbeiter oder 5 Millionen Euro Umsatz Marke. Die Organisationswissenschaften erkennen ebenfalls eine “magische Grenze” der Unternehmensentwicklung bei ca. 30 Mitarbeiter (in der Folge noch bei 300 und 3.000 Mitarbeiter). Warum schaffen nur 5 Prozent der Unternehmen dauerhaft den Sprung über diese Hürde und was sind die entscheidenden Erfolgskriterien?

Doch von vorne. Die Gründungs- und Pionierphase ist meist getragen von einer Idee, einer Erfindung oder dem Erkennen einer konkreten Nachfrage am Markt. Sie beginnt mit der Entwicklung der Softwarelösung und zugehörigen Dienstleistungen. Gelingen die Technologiebeherrschung und Produktgestaltung, folgt die Bereitstellung des Angebotes am Markt. Vertrieb und Marketing versuchen einem eng begrenzten Kundenkreis den Nutzen zu vermitteln und erste Verkäufe zu tätigen.

Unternehmenskultur vom Gründer geprägt

Der Unternehmensalltag fokussiert sich auf die technologische Umsetzung und erster Vermarktungsanstrengungen. Das Know-how begründet sich in der Regel auf Erfahrungen des Gründers beziehungsweise des Gründerteams aus anderen Unternehmen in denen sie gelernt und gearbeitet haben. In dieser Phase werden Probleme, durchaus bemerkenswert und erfolgreich, intuitiv mit gewissen “Daumenregeln” (Heuristiken) gelöst.

Die Unternehmenskultur wird von der Identität und den Werten des Gründers geprägt. Eingewoben werden positive und negative Erfahrungen aus der beruflichen Vergangenheit. Die Art und Weise wie der Pionier die unternehmerische Führung der ersten Mitarbeiter gestaltet ist prägend für die weitere Entwicklung des Unternehmens. Es werden die klassischen Phasen der Teambildung (Forming, Storming, Norming, Performing) durchlaufen. Eine formale Ausgestaltung von Führung fehlt häufig. Die Führung ist gründerzentriert, mit zum Teil paternalistischen Zügen. Es wird durch Vorbild und Vorleben geführt.

Strategisches Management fehlt

Das Tagesgeschäft erfordert alle Energie, um den Markteintritt zu meistern. Aufgrund der begrenzten Ressourcen wird zunächst eine enge Marktnische adressiert. Ergebnisse werden über Versuch und Irrtum erzielt. Erste Mitarbeiter sind oft “Gleichgesinnte”, die mit der regelmäßig zum Chaos neigenden Improvisation mental zurechtkommen. Erste Markterfolge motivieren und schweißen das Gründerteam zusammen.

Von einer Steuerung der Organisation im Sinne eines strategischen Managements kann in dieser Phase nicht gesprochen werden. Es fehlt im Operativen an etablierten Managementstrukturen und -prozessen. Informationen und Anweisungen werden direkt “vor Ort” persönlich weitergegeben. Entscheidungen werden (oft immer wieder für die gleichen Themen neu) in gemeinsamen Besprechungen herbeigeführt. Die Lenkung des Unternehmens mit dieser Art des Managements wird noch als ausreichend erachtet.

Die Krise bahnt sich an

Die Führung ist dadurch stark im operativen Tagesgeschäft eingebunden. Gerade, wenn sich erste Erfolge zeigen, wird immer mehr Zeit und Energie für die Bewältigung von “Einzelproblemen” absorbiert. Die Komplexität in Entwicklung, Vertrieb, Marketing, Support, Administration und Personalentwicklung steigt rasant an. Zudem verlangt die finanzielle Sicherung des Unternehmens hohe Aufmerksamkeit, um trotz erster Erfolge nicht zahlungsunfähig zu werden. Denn Wachstum kostet Geld. Es besteht die Gefahr, dass das Unternehmen aus der Hand zu gleiten droht.

Das Krisenpotenzial ist nicht hoch genug einzuschätzen. In 95 Prozent der Fälle stockt hier das Wachstum, weil die Komplexität nicht bewältigt wird. Gehen wir davon aus, dass die Produkte und Lösungen prinzipiell marktfähig sind, scheint trotzdem der Sprung auf das nächste Level nicht zu gelingen. Oft beginnt eine lange “Leidenszeit” für Unternehmer und Mitarbeiter, weil trotz enormer Anstrengungen die Schwelle zu weiterem Wachstum nicht überwunden wird.

Als Gründe können, in Anlehnung an “Das Konzept Integriertes Management” von Knut Bleicher, zusammenfassend identifiziert werden:

  • Hohe Abhängigkeit des Unternehmens von der Person des Gründers
  • Zum Teil paternalistischer Führungsstil, keine echte Delegation wichtiger Themen
  • Mangelnde Professionalität in Führung und Management durch fehlende Ausbildung
  • Nicht-Vorhandensein eines durchgängigen Managementsystems
  • Zentralistische Organisationsstruktur mit Improvisationscharakter
  • Mangelnde organisatorische Anpassung an die wachsende Größe
  • Wenig erprobte Technologien und unzureichende Produkteigenschaften
  • Überforderung der Kapazitäten durch Nacharbeiten
  • Zu späte Anpassung durch Investitionen
  • Unzureichendes Vertriebssystems ohne strukturierte Gestaltung der Vertriebswege
  • Personelle, finanzielle und technologische Ressourcenbeschränkungen

Der Weg aus der Krise in eine stabile Wachstumsphase

Mit der obigen Liste ist der Weg aus der Stagnation vorgezeichnet. Es bedarf einer Professionalisierung des Managements der Leistungserstellung (Softwareentwicklung) und der Leistungsverwertung (Vertrieb/Marketing). Dazu ist ein strukturiertes und unternehmensweit abgestimmtes Managementkonzept erforderlich. Von der periodischen Planung über die Umsetzung der Maßnahmen bis hin zum Controlling der Ergebnisse bedarf es eines integrierten Managementsystems, das die gegenseitigen Einflüsse und Abhängigkeiten der einzelnen Unternehmensbereiche transparent macht. Nur so werden strategisch sinnvolle Entscheidungen erst möglich.

In einer Konsolidierungsphase muss zunächst ermittelt werden, was genau die Werttreiber sind und wo die Kostentreiber stecken. Das heißt, welche Produkte und Lösungen sind profitabel und wo verliert das Unternehmen Geld. Dazu bedarf es zum Beispiel einer integrierten Kostenträgerrechnung, die neben den direkten auch alle indirekten Kosten der Angebote ermittelt. Es ist fatal, Produkte vertrieblich zu forcieren, bei denen man hinterher feststellt, mit jeder verkauften Einheit Verluste zu machen. Gelingt es nicht, ein profitables Geschäftsmodell zu entwickeln, ergibt es auch keinen Sinn ein Wachstum über eine Skalierung anzustreben. Das Geschäftsmodell kann aber nur über Zahlen, Daten, Fakten aus einem integrierten Managementsystem optimiert werden.

Ist es gelungen, die Rentabilität sicherzustellen, muss in einem nächsten Schritt die Markterschließung systematisiert werden. Es darf nicht von einzelnen Vertriebsmitarbeitern abhängen, ob Umsatz gemacht wird oder nicht. Mögen sie noch so talentiert sein. Vertriebstalente sind rar und teuer und somit nicht in einem vorgegebenen Zeitraum in ausreichender Zahl rekrutierbar. Planbare Umsätze und damit stabiles Wachstum ist somit nicht möglich. Es bedarf vielmehr eines Vertriebsleiters, der in der Lage ist, ein strukturiertes Vertriebssystem aufzubauen, das mit “normal” talentierten Vertriebsmitarbeitern sichere Umsätze erzielt. Solche Vertriebskonzepte gibt es, sind aber in Pionier-Unternehmen oft nicht bekannt.

Fazit

Ein Wachstum über die “magische Grenze” hinaus ist nur möglich, wenn die Führungskräfte mit professionellen Managementwissen vertraut sind. Mit einer reinen Pionier-Unternehmer-Mentalität ist ein Unternehmen ab der genannten Größenordnung nicht mehr zu führen, beziehungsweise das Wachstum stagniert. Soll die Hürde übersprungen werden, muss das Wissen über moderne Managementsysteme auf breiter Front im Führungsteam nachqualifiziert oder über Neueinstellungen eingekauft werden.

Es ist schlicht unmöglich die Komplexität eines größeren Unternehmens mit reinen “Daumenregeln” zu beherrschen. Es braucht den Einsatz eines bewährten und auf die Softwarebranche hin optimierte Managementsystems und Führungskräfte, die damit umgehen können. Nur mit geeigneten Management-Systemen, -Strukturen, -Methoden, -Prozessen und -Kennzahlen ist es möglich, das Gleichgewicht zwischen interner Rentabilität und externer Markterschließung über längere Zeit aufrecht zu erhalten. Der häufig zitierte Produkt-Markt-Fit, wird gern leichtfertig hingeschrieben, er gelingt aber nur mit harter, disziplinierter Managementarbeit.

Momentum: Um die Wachstumsgrenze zu überwindet, braucht es ein integriertes Managementsystem und Führungskräfte mit aktuellem Managementwissen, die das System aktiv gestalten und optimieren können.

Literaturquelle (Provisions-Link): Knut Bleicher, Das Konzept Integriertes Management (St. Galler Management-Konzept)

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